Grundsätzlich begrüße ich es sehr, dass Bürgerinnen und Bürger nicht mehr durch Straßenausbaubeiträge belastet werden müssen, denn solche Straßenausbaubeiträge stellen nicht selten eine ganz erhebliche Belastung - zum Teil sind es viele zehntausend Euro - für die anliegenden Grundstückseigentümer dar. Die neue Rechtslage zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen im Lande Hessen, die den Kommunen nun die Wahl lässt, ob sie Straßenausbaubeiträge erheben oder nicht, aber ihnen im Falle der Abschaffung von Straßenausbaubeiträgen keine finanzielle Kompensation durch das Land gewährt, ist für die finanzschwachen Kommunen im ländlichen Raum, wie die Stadt Gersfeld (Rhön) eine ist, aber fatal! Diese Kommunen können sich den Erhalt und die Sanierung ihrer Infrastrukturen ohnehin kaum leisten, haben einen großen Investitionsstau, erheben schon jetzt meist höhere Steuern und Gebühren und sind in hohem Maße auf Förderung und Zuschüsse durch das Land oder den Bund angewiesen.
So wird den finanzschwachen Kommunen wie der Stadt Gersfeld (Rhön) wohl nichts anderes übrig bleiben, als an den Straßenausbaubeiträgen festzuhalten oder aber deren Ausfall durch eine Erhöhung der kommunalen Steuern, insbes. der Grundsteuer B, zu kompensieren. Damit werden diese Kommunen und der ländliche Raum im Vergleich zu den oft viel finanzstärkeren Stadt(-rand-)kommunen als Wohnort noch unattraktiver.
Vor diesem Hintergrund haben meine Bürgermeisterkolleginnen und Kollegen im Landkreis Fulda und ich eine Resolution zu diesem Thema verabschiedet, die heute in Fulda an unsere Landtagsabgeordneten übergeben wurde. Hier die Resolution im Wortlaut und unten zum Download:
"Investitionen in verkehrliche Infrastruktur können dauerhaft nicht allein aus kommunalen Haushalten gestemmt werden, folglich ist eine grundsätzliche und für alle Kommunen gleiche
Regelung erforderlich. Diesen Weg hat die hessische Landesregierung durch Änderung des Kommunalen Abgabengesetzes (KAG) ohne erkennbaren Grund verlassen und nach Jahrzehnten bewährter Praxis den
Kommunen den „schwarzen Peter“ zugeschoben.
Die Bürgermeisterkreisversammlung des Landkreises Fulda fordert daher die aktuelle und künftige Landesregierung auf, Regelungen zugunsten einer einheitlichen Praxis in Hessen
verbindlich und zügig zu treffen, klare Finanzierungsvorschläge zu unterbreiten oder Finanzmittel aus originären Landesmitteln zur Verfügung zu stellen.
Die Kommunen des Landkreises Fulda erheben nahezu allesamt seit vielen Jahrzehnten Anlagen bezogene Straßenbeiträge von Eigentümern. Dieses ist sicherlich ein wichtiger Grund für die
ausgeprägte finanzielle Stabilität der meisten im Kreis Fulda gelegenen Kommunen im Vergleich zu anderen Gebieten Hessens.
Durch die Einführung der Hessenkasse vor einigen Monaten wurden u.a. Kommunen gestärkt, die in der Vergangenheit keine Straßenbeiträge erhoben hatten, ggf. dadurch in eine finanzielle
Schieflage geraten sind und auf Kassenkredite angewiesen waren. Diesem Tatbestand wollte das Land durch die Einführung der verpflichtenden Erhebung von Straßenbeiträgen im Jahre 2013 sicherlich
vorbeugen. Eine andere Erklärung für diese Gesetzesänderung können wir nicht erkennen.
Das Land Hessen betrieb zuletzt sogar einen erheblichen Aufwand, um Kommunen ohne Beitragssatzung zu disziplinieren, einer geregelten Systematik zugunsten kommunaler Entschuldung durch
Beitragssatzungen (sei es Anlagen bezogen oder wiederkehrend) näher zu bringen und letztlich eine Gleichbehandlung hessischer Bürgerinnen und Bürger zu erreichen. Dieses Engagement zeugte von der
Erkenntnis, dass die steigenden Investitionsbedürfnisse in die Infrastruktur eine der großen Herausforderungen für die öffentliche Hand darstellen.
Durch die Entscheidung, die Erhebung von Straßenbeiträgen vollends in die kommunale Selbstverwaltung zu geben sowie der zusätzlichen Bürde, über einen einfachen Antrag eine Stundung von
Beiträgen auf 20 Jahre gewähren zu müssen, wurden gerade die finanziell schwächer gestellten Gemeinden zusätzlich unter Druck gesetzt. Selbst bei kleinsten Beträgen werden die Kommunen nun schon
als „Bank“ missbraucht, was zu einer deutlichen Erhöhung des Verwaltungsaufwands und zu finanziellen Mehrbelastungen durch Fremdfinanzierung führt. Als Resultat schaffen nun einige Kommunen
Straßenbeiträge ab, so dass die Ungleichbehandlung unter hessischen Kommunen und ggfs. die Abhängigkeit der notwendigen Investitionen von der jeweiligen Wirtschaftslage immer stärker in den
Vordergrund tritt.
Durch die entstandene Situation sind inzwischen vielerorts öffentliche Bürgerproteste entstanden, die sich in der Gründung von Bürgerinitiativen äußern. Das Verständnis für die Erhebung von
Straßenbeiträgen sinkt zunehmend. Durch die generelle Zunahme des Verkehrs in den letzten Jahren steigt der Unwille von Grundstückseigentümern, Straßen, die u.a. durch die Nutzung von
Durchgangsverkehren schadhaft geworden sind, unter Berücksichtigung privater Eigenmittel zu sanieren. Das Argument, dass diese Infrastruktur als Erschließungsanlage allen Grundstückseignern das
Baurecht und eine adäquate Nutzung dauerhaft sichert, hat an Wirkung verloren.
Die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der Bürgermeisterkreisversammlung des Landkreises Fulda und der Stadt Fulda fordern daher die Landesregierung auf, den Bürgerfrieden durch klare
Regelungen oder finanzielle Unterstützung der hessischen Kommunen aus originären Landesmitteln wieder herzustellen.
In Frage kommt bspw. ein Sondertopf - analog Bayern - über 100 - 150 Mio. EUR für alle hessischen Kommunen. Dies erstreckt sich ebenso auf die Förderung von Abrechnungsgebieten für Kommunen,
die wiederkehrende Straßenbeiträge vor dem 01.01.2018 eingeführt haben.
Alternativ sehen wir eine klare gesetzliche Regelung als notwendig an, die entweder das Verbot oder die Pflicht zur Erhebung von Beiträgen zum Ziel hat.
Die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der Bürgermeisterkreisversammlung des Landkreises Fulda sowie der Stadt Fulda
Fulda, 30.11.2018"